Polyphasenschlaf - Tag 1
Der erste Tag beginnt direkt im Alltag. Früher als sonst bin ich ohne sonstige Ermüdungsanzeichen Richtung Bahnhof gegangen, um mit dem nächsten Zug ins Büro zu fahren. Soweit alles okay - ein wenig ungewohnt, da eine gute Stunde früher als sonst komme ich also in Kaiserslautern an und richte mir wie sonst auch den Arbeitsplatz ein - Laptop anschliessen und Bootprozess anwerfen. Gutes Stichwort, denn 9:00 steht der nächste persönliche Reboot an. Da ich mir Schlafsack und leichte Decke mitgenommen habe, kein Problem. Schlafsack ausgeworfen und hingelegt. Countdown-Timer auf 30 Minuten und ab geht's ins Traumland. Naja, die geräuschliche Kulisse hat schon wesentlich mehr Umfang als in meiner Wohnung. Zudem ist hier auch mehr los... Schliesslich kommen ja die Kollegen ebenfalls um diese Uhrzeit ins Büro.
Erste positive Überraschung: "Find' ich gut." - O-Ton von meinem Chef. Hey, cool, da steht dem Polynapping ja hoffentlich nichts im Wege. Okay, erst mal 30 Minuten schlafen, dann geht's weiter. Es dauert schon einiges an Zeit bis ich das Gefühl bekomme, dass ich ziemlich entspannt und relaxed liege. Fühlt sich eigentlich mehr wie Autogenes Training denn Schlaf an. Nun, ich hoffe, dass das mit der Zeit besser werden dürfte. Glücklicherweise bin ich ziemlich empfänglich für Autogenes Training - es wirkt sozusagen immens bei mir. Keine Ahnung warum, aber unabhängig, ob nun Wellenprinzip und Fluß innerhalb des Körpers oder die große Schwere, ich habe bisher immer die volle Packung mitgenommen. Übrigens ohne externe Audiostimulationen, allein durch eigene Suggestion und Klärung der Gedanken. .o( Hm, klingt wahrscheinlich ziemlich abgedreht für andere... )
Okay, direkt zum Wecksignal aufgestanden und die Augen gerieben. Scheinbar bin ich doch noch kurz in den Schlaf abgesackt. Fein, es klappt also auch bei lauterem Umfeld. Und zweite Überraschung, es gibt kaum Reaktion der Kollegen - weder neugierig noch belächelnd - Danke für eure Rücksicht und Verständnis - klasse! So, kurz was trinken (Wasser pur) und eine Kleinigkeit (Apfel) essen und dann geht's ans Tageswerk. Wir haben heute noch einiges zu bewältigen, da unser Kunde mit einem aktuellen Release des Projekts versorgt sein möchte. Okidoki, die Tasten klippern nur so vor sich hin und ich komme eigentlich wie sonst auch gut mit meiner Arbeit voran - keine spürbaren Einschränkungen bisher feststellbar. Gut, umso besser - warten wir mal wie es sich im weiteren Verlauf des Tages entwickelt.
Auslieferung beim Kunden ist inzwischen erfolgt und wir nähern uns der "magischen" 12:30 - allgemeiner Abflug zum Mittagessen. Ich verzichte dankend, da ich meine nächste Schlafsession um 13:00 halten möchte. Passt ja wunderbar, wenn so gut wie alle während der Mittagszeit außer Haus sind. Allein mit den Rechnerlüftern... wie romantisch. ;-)
Alles klar, kurz nach eins ist das Telefon auf Abwesend/Besetzt eingestellt und ich mache es mir wieder mit der Decke auf dem Schlafsack gemütlich. Irgendwie wurde es auch Zeit. Ich weiß nicht wie es formulieren soll, aber ich hatte eine gewisse Vorfreude mich hinlegen zu dürfen. Naja, wahrscheinlich Einbildung, wird aber weiter beobachtet werden. Und wieder Countdown auf 30 Minuten eingestellt. Erneut keine Störung außer der Geräuschkulisse, aber abermals nur Autogenes Training: ruhige, kontrollierte Atmung und Gedanken entfernen - geistige Leere produzieren. Dennoch brauche ich nach Ablauf der Zeit drei, vier Sekunden, um wieder auf die Höhe zu kommen. Ich fühl' mich sehr gut. So, mal kurz um die Ecke ein wenig Obst einkaufen und ebenfalls Mittagessen speisen. Auf dem heutigen Speiseplan stehen Bananen und Orangen dazu gibt's Tafelwasser.
Entweder bilde ich mir meine geistige Fitness nur ein, oder es ist wirklich so. Im Vergleich zu den vielen Tagen davor - also nach Ausflug mit den Kollegen und Verzehr des Tagesmenüs - geht die Arbeit leichter von der Hand. Es fehlen effektiv zwei Dinge:
- Schweregefühl im Magen
- Niedergeschlagenheit im Kopf
Okay, ich hab' nur wenig gegessen. Die nächsten Stunden sind auf alle Fälle wieder mit sehr viel Arbeit gefüllt. Die erste Resonanzen vom Kunden sind eingegangen, die Software zeigt Anomalien und für 17:30 wird eine Besprechung angesetzt - okay, passt. Das nächste Schlafintervall findet um 17:00 mit 30 Minuten Dauer statt - phantastisch. Der heutige Arbeitsverlauf hat wie die Faust aufs Auge zu meinem Schlafplan gepasst. So könnte es die nächsten Wochen laufen.
Meine Pflichtaufgaben konnte ich bis kurz vor fünf erledigen, noch ein wenig leichte Tätigkeiten, wie Onlineforen und Mails beantworten, dann wieder eine Etage tiefer den Schlafsack drücken. Die Geräuschkulisse ist ein wenig höher, da die Kollegen in Gespräche vertieft sind, aber ich empfinde es als akzeptabel. Mein Dank gilt meinen Kollegen für deren Rücksicht auf meine exotischen Ideen. Zwischenzeitlich kam dann doch mal die ein oder andere Frage auf, warum ich denn hier herumliegen und schlafen würde. Nun, wir sprechen offen über mein Experiment zur Veränderung des Schlafrhythmus. Selbstverständlich fallen dann sofort diverse Schlüsselbegriffe wie REM-Phase während des Schlafs und gesundheitliche Bedenken. Aber wie ich schon im ersten Beitrag schrieb, bin ich davon überzeugt, dass das lange Schlafen durch die Nacht das konditionierte Ergebnis der Jahrhunderte ist. Wir werden sehen, wie es sich bei mir weiter entwickelt.
Zur Besprechung fühle ich mich jedenfalls gut, kleinere Gähner noch, aber ansonsten würde ich schon sagen, dass Fitness im Hirn angesagt ist. Ich spekuliere ja bereits den gesamten Tag schon, dass der mentale wie physische Einbruch heute Abend zuhause kommen wird. Ich bin mal gespannt.
Noch ein paar Restarbeiten für den heutigen Tag und die Aufarbeitung zugestellter Tasks. Ich entschliesse mich dazu, dass ich heute entgegen meiner Absicht einen Zug früher fahre und schaue, dass ich das nächste Schlafintervall (21:00) zuhause im Bett absolvieren kann.
Puuh, endlich raus aus dem Zug und die letzten Meter durch die milde Märznacht nach Hause. Ist etwa ein Kilometer Distanz und bei 12° Celsius ist es auch angenehm zu gehen. Aber... die Müdigkeit kündigt sich an. Es wird nun wirklich Zeit für einen tieferen Schlaf. Um kurz nach neun starte ich ein weiteres Mal den Countdown-Timer für 30 Minuten. Ahhh, welch' ein Komfort im Vergleich zum Schlafsack auf dem Boden. Hm, sicherheitshalber stelle ich mir den normalen Wecker auf plus 5 Minuten - nur nicht verschlafen.
Es stellt sich aber heraus, dass der zusätzliche Wecker nicht notwendig war. Erstaunlich erfrischt und entspannt werde ich vom Timer geweckt. Nach einem kurzen Streck- und Dehnanfall - insbesondere Katzen vollziehen dies ebenfalls bevor sie "aufstehen" - widme ich wieder meinem Haushalt zu. Hunger habe ich eigentlich keinen und Wasser ist noch ausreichend vorhanden. So, nun sitze ich hier um Mitternacht und schreibe weiter an diesem kurzen Bericht über den ersten Tag des Polynapping-Experiments. Um 1:00 sind die ersten 24 Stunden vorüber und ich bin wirklich sehr gespannt wie es weitergehen wird.
Schlafzeiten: 1:00 5:00 9:00 13:10 17:30 21:15